Überlegungen zur Texturierung von Spritzgussteilen
Wählen Sie aus serienmäßigen und Mould-Tech-Texturen, um die Oberflächen von Kunststoff-Spritzgussteilen zu veredeln.
Die von Natur aus gegebene Oberflächenqualität von Kunststoff-Spritzgussteilen kann je nach Anwendung durchaus ihren Zweck erfüllen. Dennoch lohnt es sich mitunter, an bestimmten oder für das gesamte Spritzgussteil eine unserer zahlreichen Texturierungsoptionen in Erwägung zu ziehen.

Zur Auswahl stehen:
- Perlengestrahlte oder polierte Oberflächenausführungen
- Holzmaserungen oder leder-ähnliche Texturen
- Kieselstrukturen
- Matte, glänzende oder trübe Oberflächen und viele weitere
Texturen können die Griffigkeit und Ergonomie von Teilen verbessern, Nähte und andere kosmetische Makel kaschieren oder einfach das Aussehen verschönern.
In der Praxis beispielsweise können Autobauer den im Spritzgussverfahren hergestellten Armaturenbrettern oder Teilen der Verkleidung eine Holzoptik verleihen. Entwickler von Elektrowerkzeugen haben die Möglichkeit, durch Texturierung die Griffigkeit ihrer Produkte zu verbessern. Auch Lacke und Aufkleber haften besser auf texturierten Oberflächen, und Texturen können die Kratz- und Abriebfestigkeit erhöhen.
Die Wahl zwischen Veredelung und Texturierung
Welche Texturoptionen gibt es und wie können Sie diese auf Ihr Teiledesign anwenden? Wichtig zu wissen ist zunächst, dass es bei Protolabs für die Texturierung und Veredelung zwei verschiedene Vorgehensweisen gibt. Die erste beinhaltet die in der Tabelle aufgeführten Oberflächenstandards PM (ProtoMold) und SPI (früher „Society of the Plastics Industry“, jetzt „Plastics Industry Association“). Die Bearbeitung erfolgt meist per Hand durch Polieren, Stein- oder Perlenstrahlen. In bestimmten Fällen wird auch Funkenerodierung (Electro Discharge Machining, EDM) eingesetzt. All diese Optionen werden in unserem Design-Tipp zu den Oberflächenqualitäten von Spritzgussteilen erläutert.
Bezeichnung | Beschreibung |
PM-FO | Protolabs-Textur, nicht-kosmetisches Finish nach Protolabs-Vorgaben |
PM-F1 | Protolabs-Textur, geringe kosmetische Oberflächenveredelung, beseitigt die meisten Werkzeugspuren |
PM-F2 | Protolabs-Textur, nicht-kosmetisches Finish, EDM möglich |
SPI-C1 | Stein 600er Körnung |
SPI-B1 | Schleifpapier 600er Körnung |
SPI-A2 | Diamantpoliturscheibe Grad Nr. 2 |
PM-T1 | Protolabs-Textur, leichtes Perlstrahlen |
PM-T2 |
Protolabs-Textur, mittleres Perlstrahlen |
Dies sind unsere serienmäßigen Oberflächenausführungen. SPI-A2 (Diamantpoliturscheibe Grad Nr. 2) erzeugt beispielsweise auf den meisten Oberflächen ein glänzendes Finish. SPI-C1 wird mit einem Polierstein mit 600er Körnung erzielt und bildet ein mattes Finish. Dazwischen liegt SPI-B1, hergestellt mit Schleifpapier mit 600er Körnung. Darüber hinaus bieten wir verschiedene PM-Optionen. Damit lassen sich sowohl nicht-kosmetische Finishes mit geringen Werkzeugspuren als auch leicht texturierte Oberflächen (mittels Perlenstrahlen) erzeugen.
Unsere serienmäßigen Oberflächenausführungen beinhalten zwar Perlenstrahlen, gehören aber nicht zu den echten „Texturen“, die wir zu Beginn dieses Design-Tipps beschrieben hatten. Sie zählen zu den Mould-Tech-Standards. Wie Sie gleich noch lesen, werden diese durch chemisches Ätzen oder laserbasierte Modifikation des Formhohlraums erzeugt. Gekennzeichnet sind die Standards mit „MT-“ gefolgt von einer fünfstelligen Zahl. MT-11010 bezeichnet beispielsweise eine sandartige Textur, MT-11120 ähnelt glattem Beton, MT-11555 hat eine Holzoptik usw.
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Regeln bei der Texturierung von Spritzgussteilen
Es gibt in der Tat Hunderte von Mould-Tech-Spezifikationen. Neben den erwähnten Sand-, Beton- und Holzoptiken sind auch Schachbrett- und Diamantmuster, gerade oder gebogene Linien und andere Texturen möglich. Sie können gerne ein Muster der sieben beliebtesten Oberflächenausführungen anfordern. Andernfalls ist bei Mould-Tech gegen Gebühr ein komplettes Handbuch erhältlich.
Mould-Tech-Texturen können bei Stahl- und Aluminiumformen angewendet werden. Geben Sie beim Hochladen Ihres Designs auf unsere Website bitte die zu texturierenden Oberflächen sowie die gewünschte Mould-Tech-Nummer an. Je nach Textur muss die Oberfläche zuvor möglicherweise geglättet werden, um Werkzeugspuren zu beseitigen. Hierfür wird in der Regel SPI-C1 (siehe Tabelle) verwendet. Bei einer sehr leichten Mould-Tech-Textur kann auch ein Polieren gemäß SPI-A2 erforderlich sein. Wenn die Oberfläche des Spritzgussteils jedoch bereits eine PM-T1- oder PM-T2-Textur hat, ist eine zusätzliche Texturierung nur möglich, wenn die Oberfläche zuvor wiederaufgearbeitet wurde.
Während der Entwicklungsphase eines Teils empfiehlt es sich, mit der Wahl der Formtextur bis nach der Iteration zu warten. Sie reduzieren dadurch die Projektkosten und gelangen schneller zu Ihrem fertigen Teil. Der Vorteil von Texturen ist vor allem, dass diese je nach Geometrie und Oberflächenrauheit oft nach der Fertigstellung des Spritzgussteils hinzugefügt werden können.
Tipps für eine erfolgreiche Formtexturierung
Wie entsteht eine Texturierung? Es gibt zwei Verfahren, deren Verwendung von der Oberflächenausführung, der Oberflächentiefe sowie vom verwendeten Material abhängt. Beide werden jedoch erst angewendet, nachdem die Formhohlräume vollständig bearbeitet und die zu texturierenden Oberflächen entsprechend geglättet wurden. Bei leichten Texturierungen wird eine korrosive Chemikalie auf kontrollierte Weise aufgetragen, um dem Formhohlraum durch ihre ätzende Wirkung die gewünschte Tiefe und Struktur zu verleihen. Nicht zu texturierende Bereiche werden zuvor abgeklebt.
Stärkere Texturen bzw. deutlichere Geometrien wie Schachbrett- oder Diamantmuster werden in der Regel mit einem 5-Achsen-Laser erzeugt, der das Formmaterial abträgt. Das Material wird im Prinzip ähnlich wie bei einem CNC-Laserschneider, der ein Metallblech in hochpräzise Teile zerschneidet, weggebrannt. Manche Texturen erreichen Tiefen bis zu 0,0762 mm oder mehr, was uns zu einem weiteren wichtigen Punkt bringt: Beim Texturieren der Formseitenwände ist in diesem Fall nämlich eine größere Formschräge erforderlich. Als Faustregel empfehlen wir 1 Grad Formschräge pro 0,0127 mm bis 0,01524 mm Texturtiefe. Bei einer herkömmlichen Holzmaserung oder Ledertextur sollte die Formschräge beispielsweise etwa 6 bis 7 Grad betragen. Berücksichtigen Sie dabei wie immer die Machbarkeitsanalyse (DFM), die Sie von uns zu Ihrem Online-Angebot erhalten.
Auf das Material kommt es an
Die Materialwahl spielt bei der Formtexturierung ebenfalls eine wichtige Rolle. Wir raten von der Texturierung weicher Polymere wie TPE und Flüssigsilikon (LSR) ab, da hier das Finish nicht besonders gut zur Geltung kommt. Kosmetisch betrachtet bringt eine Texturierung auch bei weißen oder transparenten Materialien wie etwa Polycarbonaten wenig, es sei denn, Sie möchten die Reflexion der Oberfläche reduzieren oder andere optische Eigenschaften erzielen. Generell gilt auch hier, dass Ausnahmen die Regel bestätigen. In den meisten Fällen lassen sich durch Texturierung jedoch bei dunkleren Materialien die besten kosmetischen Ergebnisse erzielen.
Besonderer Beachtung bedarf es schließlich, wenn Sie für texturierte Formen glasfaserverstärkte oder schwer entflammbare Polymere verwenden. Bei diesen Materialien erhöht sich während der Formung der Oberflächenwiderstand, was zu optischen Veränderungen führen kann. Bei glasfaserverstärkten Materialien entstehen durch die Texturierung beispielsweise mitunter Streifen oder Flecken, während sich bei schwer entflammbaren Materialien weißliche Schlieren bilden können. Diese und weitere Mängel lassen sich in den meisten Fällen jedoch durch die Auswahl des richtigen Formdesigns vermeiden. Daher bitten wir Sie, sich bei Fragen gerne mit unseren Anwendungstechnikern unter 089 90 5002 0 oder [email protected] in Verbindung zu setzen.