Mit additiver Fertigung zum Erfolg - Medtech Start-up hat den richtigen Riecher

OVR Technology setzt auf den „Multi Jet Fusion“-3D-Druck von Protolabs, um bessere VR-Erlebnisse zu entwickeln

Der Geruchssinn ist der älteste und möglicherweise beeindruckendste Weg, um Erinnerungen und Emotionen auszulösen: Stellen Sie sich den Duft eines neugeborenen Kindes oder das Aroma von Tannenbäumen auf einem Waldweg vor. Das Geruchsempfinden ist der einzige Sinn, der direkt mit dem Bereich des Gehirns verbunden ist, der für Erinnerungen und Emotionen zuständig ist – was es zu einem äußerst effektiven Mittel zur Beeinflussung von Gedanken und Verhalten macht.

Das Start-up-Unternehmen OVR Technology hat es sich zum Ziel gesetzt, diesen urtümlichen Sinn mit der sich rasant entwickelnden Technologie der virtuellen Realität (VR) zu kombinieren.

OX1 ist das revolutionäre Produkt des Unternehmens – ein leichtes und drahtloses patentiertes Gerät, das an der Unterseite eines VR-Displays angebracht wird. Um die Immersion und Authentizität eines VR-Erlebnisses zu intensivieren, sondert das OX1 mikroskopische, Millisekunden lange Impulse diverser aromatisierter Flüssigkeiten im Bereich unterhalb der Nase des Anwenders ab. Das „OVR“ im Namen des Unternehmens steht für „Olfactory Virtual Reality“ (Olfaktorische virtuelle Realität).

„Die Optimierung des Designs erfordert ausreichende Flexibilität, um sich schnell anpassen zu können – und das Multi-Jet-Fusion-Verfahren von Protolabs bot durch eine seiner industriellen 3D-Druck-Technologien genau das“, sagt Erik Cooper, Designchef und Mitbegründer von OVR Technology. Der anfängliche Schwerpunkt von OVR Technology lag laut Cooper auf den Anwendungsbereichen im Gesundheits- und Bildungswesen sowie im Ausbildungssektor, da immer schnellere, preiswertere und benutzerfreundlichere VR-Technologien eine zunehmende Akzeptanz auf dem Markt für medizinische Geräte vorantreiben.

Laut Cooper verwenden klinische Mediziner bereits bestehende VR-Methodiken, um Veteranen die an PTBS leiden, durch Immersionstherapie und Gerüchen, die mit dem Krieg verbundene Erinnerungen wecken, zu helfen, sich an traumatische Erlebnisse zu erinnern und diese zu verarbeiten. OVR-Vorsitzender Aaron Wisniewski erzählte in einem kürzlichen TEDx-Talk, dass mehr als zwei Drittel aller PTBS-Patienten, die im Rahmen eines Programms der University of Central Florida auf diese Weise behandelt wurden, anschließend frei von Symptomen waren.

Laut Cooper betrachtet OVR Technology auch Schulungs-, Bildungs-, Unterhaltungs- und Immersionserlebnisse wie Gaming-Veranstaltungen sowie aromaunterstützte 4D-Dokumentarfilme als potentielle Absatzmärkte. "Wir waren bestrebt in den Bereich Gesundheitswesen sowie in den Markt für digitale Therapieanwendungen einzusteigen", so Cooper.

 

Innovatives Gerät benötigt iterative Design-Flexibilität

„Eine der primären Herausforderungen für OVR Technology war es, ein neues Produkt zu entwickeln, das Duftmoleküle in mikroskopischen Impulsen absondert“, sagt Cooper.

Das OX1 erzeugt diese Gerüche, wenn es entsprechende Anweisungen von einer Architektur aus Duft-APIs erhält, über die Designer den Objekten in einer VR-Umgebung bestimmte Geruchseigenschaften zuweisen können. Ein Gegenstand der aufgehoben wird weist beispielsweise keinen Geruch auf. Der Geruch wird erst abgegeben sobald der Nutzer das Objekt näher an sein Gesicht heranführt und intensiviert sich mit abnehmender Distanz. Ein Nutzer, der sich in Windrichtung zu einem Objekt befindet, wird dessen Geruch in einer virtuellen Brise wahrnehmen, aber nicht, wenn er sich gegen den Wind stellt.

Auf einen Blick

Die Herausforderung

OVR Technology benötigt eine kosteneffektive Lösung für die Kleinserienproduktion und Prototypenherstellung, um sein patentiertes geruchfreisetzendes OX1-Gerät auf den Markt zu bringen.

Die Lösung

Das Unternehmen hat das „Multi Jet Fusion (MJF)“-Verfahren von Protolabs angewendet und von den mechanischen Eigenschaften und Kostenvorteilen des 3D-Drucks von Prototypen und Kleinserienteilen mit MJF profitiert, bevor es die Produktion auf andere konventionelle Methoden hochskaliert hat.

Das Ergebnis

Klinische Ärzte haben OX1 für medizinische Zwecke verwendet, während das Unternehmen MJF-Teile für Design-Innovationen und Kleinserienproduktion einsetzte. Dem Unternehmen ist es gelungen, seine Geräte früher als erwartet klinischen Ärzten zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig fortlaufende Design-Änderungen vorzunehmen. So konnte es sich die Kosten für Werkzeuge und Werkzeugänderungen sparen.

Das Gerät verfügt über ein Gebläse, das den Duft beseitigt. Das Material, aus dem es hergestellt ist, muss jedoch glatt genug sein, damit keine Duftmoleküle eingefangen werden, so Cooper. Das Material muss für die Durchführung von Tests auch möglichst nahe den Eigenschaften der finalen Teile entsprechen..

 

Cooper führt weiterhin aus, dass das Design des OX1 auch berücksichtigen muss, dass VR-Technologien sich mit zunehmender Adoption immer schneller verändern und verbessern. Flexibilität im Design und in der Entwicklung und die Fähigkeit den Formfaktor schnell anzupassen, sind sowohl gegenwärtig als auch für zu erwartende Entwicklungen in VR ausschlaggebend.

"Das FDM-Verfahren war für die benötigten Geometrien nicht geeignet. Die Duftmoleküle blieben in den kleinen Rillen, die das FDM-Verfahren erzeugt, stecken und ließen sich nicht vollständig aus dem Gehäuse entfernen."
OVR OX1 Virtual Reality Produkt
Das OX1 von OVR Technology ist ein kabelloses, patentiertes Gerät, das an der Unterseite eines VR-Displays befestigt wird.

Cooper hat in Zusammenarbeit mit dem leitenden Techniker von OVR Technology, Matt Flego, mithilfe eines „Fused Deposition Modeling (FDM)“-3D-Druckers verschiedene Gehäuse-Prototypen hergestellt. Die benötigten Geometrien, konnten damit jedoch nicht abgebildet werden. Die Duftmoleküle blieben in den kleinen Rillen stecken, die beim FDM-Prozess erzeugt werden, was es unmöglich machte, das Gehäuse vollständig zu reinigen.

Das Team von OVR verwendete noch ein weiteres industrielles 3D-Druck-Verfahren, die Stereolithographie (SL), mit einem hauseigenen Gerät, sagte Cooper. Allerdings war das Material nicht so stark und das Finish nicht ganz identisch mit dem eines fertigen Formteils.

Multi Jet Fusion besteht den Riechtest

Cooper erhält durch das „Multi Jet Fusion“-Verfahren von Protolabs die nötige Flexibilität, um sowohl den Formfaktor als auch das Finish und die Materialstärke von Funktionsteilen schnell anzupassen. Die Durchlaufzeiten und die Preise von Protolabs haben ihn überzeugt. Die Designanalyse und Angebots-Tools machten den Prozess um einiges einfacher, was Coopers Erfahrung mit vorherig bestellten Bauteilen entsprach.

„Protolabs hat uns durch seine extrem hochwertigen Nylon-Teile, die mit der HP Multi Jet Fusion angefertigt wurden, sehr geholfen“, sagte Cooper.

Außerdem lobte er die Langlebigkeit der MJF-Teile. „Wir werden die erforderlichen Tests durchführen, sollten wir militärische Anwendungsbereiche in Erwägung ziehen - was mit hoher Wahrscheinlichkeit passieren wird“, fuhr Cooper weiter fort. „Wir müssen Falltests und elektromagnetische Tests durchführen. Diese Teile müssen nahezu identisch mit den voraussichtlichen Endmaterialien sein und mit Multi Jet Fusion erreichen wir genau das“.

Zu wissen, dass er in wenigen Tagen von Protolabs Teile on-demand erhalten kann, hilft Cooper und seinem Start-up-Unternehmen dabei, ein unnötig großes Inventar zu vermeiden, und ermöglicht schnelle Design-Innovationen

OVR 3D-gedrucktes Anbaugerät
OVR nutzte das additive Fertigungsverfahren Multi Jet Fusion von Protolabs für den 3D-Druck von Prototypen und Kleinserien für den Endverbrauch des OX1.

Kleinserienfertigung mit MJF

Neben der Prototypenherstellung möchte OVR das MJF-Verfahren auch nutzen, während das OX1 sich noch im Beta-Testing befindet, meinte Cooper. Er bestellt in der Regel Teile für 10 Geräte gleichzeitig, da das Unternehmen mit Erstanwendern und Influencern zusammenarbeitet, um seine Technologien zu validieren.

Das Gerät könnte allerdings bereits nächstes Jahr im Handel verfügbar sein, so Cooper. In diesem Fall könnte sich der Übergang zu Spritzguss für die mögliche Produktion von 10.000 Teilen als sinnvoll erweisen. Cooper erklärte, dass die Entscheidung für den Einsatz eines Spritzgusswerkzeugs vorwiegend von den Meilensteinen und Anforderungen des Unternehmens abhängt. Sobald OVR allerdings mehr als 2000 Geräte pro Jahr produziert „werden wir definitiv auf ein Spritzgusswerkzeug übergehen. Zu diesem Zeitpunkt werden die Design-Iterationen und die Entwicklung dieser Version bereits abgeschlossen sein“, fügte Cooper hinzu.

Bis dahin ist Cooper mit der Kleinserienproduktion von bis zu 1000 MJF-Teilen zufrieden. Bei einem solchen Produktionsvolumen wären die Kosten für den Einsatz eines Spritzgusswerkzeugs hart zu rechtfertigen und das Gerät würde vier bis fünf unterschiedliche Formen benötigen. Obwohl die Formen austauschbar sind, wird das Design des OX1 im Laufe seiner Entwicklung vermutlich noch einigen Änderungen und Anpassungen für den Großhandel unterzogen werden.

OVR Technology zieht Optionen in Erwägung, die es dem Unternehmen erlauben würden, seine Geräte zu ersetzen, wenn es neue Modelle herausbringt – wobei alte Designs zur Wiederverwertung und Rekonditionierung zurückgenommen werden würden. „Wir arbeiten unnachlässig an der Forschung und Entwicklung und verbessern unser Produkt immer weiter“, sagte Cooper. „Es ist viel einfacher, flink und flexibel zu bleiben und additive Technologien zu nutzen. Momentan können wir es uns nicht erlauben, durchgehend im gleichen Gang zu bleiben“.

OVR hat mithilfe des additiven Multi-Jet-Fusion Fertigungsverfahrens von Protolabs Prototypen und Funktionsteile für das OX1 in Kleinserie mittels 3D-Druck hergestellt.

Das OX1 von OVR Technology ist ein drahtloses, patentiertes Gerät, das an der Unterseite eines VR-Displays angebracht wird.