Auswahl eines hitzebeständigen Kunststoffs

Brauchen Sie Kunststoffteile, die mehr Hitze aushalten? Hier sind acht Hochtemperaturpolymere, die Sie kennen sollten.

Wenn Sie schon einmal einen Lebensmittelbehälter zu lange in der Mikrowelle gelassen haben, wissen Sie, dass manche Kunststoffe hohe Temperaturen nicht so gut vertragen. Je nach Art des Behälters bewahren Sie das Essen vom Vorabend vielleicht in Polypropylen (PP), Polycarbonat (PC) oder Polyethylen (PE) auf, die sich allesamt nicht durch ihre Hitzebeständigkeit auszeichnen. Polypropylen zum Beispiel beginnt bei 82 °C an Festigkeit zu verlieren. Polyethylen schneidet da mit 130 °C besser ab, aber selbst sogenanntes „Hochtemperatur“-Polycarbonat ist nur bis 140 °C zugelassen.

Wie definiert man heiß: Was ist ein hitzebeständiger Kunststoff?

Wie das winzige Mikrowellensymbol auf der Rückseite dieser Behälter zeigt, ist jedes der soeben aufgelisteten Polymere eindeutig für das Aufwärmen von Resten geeignet. Für Hochtemperaturanwendungen wird jedoch etwas Robusteres benötigt. Aber was bedeutet das genau? Mit anderen Worten: Wie heiß ist heiß? Die genaue Antwort hängt von den Anforderungen der Anwendung ab. Für die Zwecke dieses Design-Tipps definieren wir einen Wert oberhalb von 175 °C.

Außerdem möchten wir klarstellen, dass wir in den meisten Fällen von Arbeitstemperaturen sprechen und nicht von Temperaturen, die zum Schmelzen oder Kristallisieren des Polymers erforderlich sind. Dieses Thema wird an anderer Stelle auf unserer Website behandelt. Wir diskutieren auch nicht die flammhemmenden Eigenschaften eines Polymers. Wie Sie sehen werden, hat diese wichtige Eigenschaft wenig mit der Hitzebeständigkeit eines Polymers zu tun.

Betrachten Sie Acrylnitril-Butadien-Styrol, einen gängigen Kunststoff, den Sie vielleicht als ABS kennen. Das bei Klempnern und Spielzeugherstellern beliebte ABS hat eine Vicat-Erweichungstemperatur – die Temperatur, bei der das Material seine „Stabilitätsform“ verliert – von ungefähr 104 °C und eine Wärmeformbeständigkeit von nur 94 °C. Durch die Zugabe einer organischen halogenierten Verbindung oder einer anderen flammhemmenden Verbindung sinken diese Werte erheblich, obwohl das Material viel weniger feuergefährlich ist.

Teflon® “Makes Things Better

Was sind also einige dieser Hochtemperaturpolymere? Beginnen wir mit Polytetrafluorethylen (PTFE), besser bekannt unter seinem Handelsnamen Teflon®. PTFE wurde 1938 durch einen Zufall bei DuPont entdeckt und  beginnt bei einer Temperatur von etwa 260 °C seine Eigenschaften zu verlieren. Und trotz der erwähnten Merkmale zur Flammwidrigkeit hat PTFE auch eine bewundernswerte V-0-Einstufung. Obwohl die Dämpfe bei niedrigeren Temperaturen chemisch stabil und ungiftig sind, sollte der Schutz davor berücksichtigt werden, wenn die Temperatur 350 °C überschreiten könnte. Das Polymer ist hydrophob (wasserabweisend) und hat einen der niedrigsten Reibungskoeffizienten aller Kunststoffe (macht es extrem rutschig). Außerdem ist es sehr widerstandsfähig gegen die meisten Säuren, Lösungsmittel und andere korrosive Chemikalien.

PTFE wird häufig als Beschichtung für Teppiche und Kleidung verwendet, ist aber aufgrund seines niedrigen Reibungskoeffizienten auch eine ausgezeichnete Wahl für Komponenten wie Lagerblöcke und Gehäuse. PTFE ist relativ weich und daher leicht zu bearbeiten, hat aber aufgrund seiner thermischen Ausdehnung eine geringere Dimensionsstabilität. Da es jedoch nicht fließt, wenn es über seinen Schmelzpunkt von 327 °C hinaus erhitzt wird, kann es weder im Kunststoff-Spritzgussverfahren noch im 3D-Druck eingesetzt werden.

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Leistungsfähigkeit von PEEK 

Ein hitzebeständiger Thermoplast, der sowohl maschinell bearbeitet als auch im Spritzgussverfahren eingesetzt werden kann, ist Polyetheretherketon (PEEK). Mit einem Schmelzpunkt, der nahe dem von PTFE liegt, behält PEEK seine ganz hervorragenden mechanischen Eigenschaften bei Temperaturen von 250 °C oder höher (kurzzeitig bis zu 300 °C). Es ist außerdem resistent gegen Strahlung, chemische Angriffe und Hydrolyse. Die letztgenannte Eigenschaft bedeutet, dass PEEK in einem Autoklaven sterilisiert werden kann. Dadurch eignet es sich in der Medizinbranche hervorragend für die Verwendung in Wirbelsäulenimplantaten und Fixiervorrichtungen. Diese Eigenschaften machen es auch zu einem lebensmitteltauglichen Polymer.

PEEK hat eine gute Durchschlagsfestigkeit und wird daher häufig als elektrischer Isolator in Halbleiteranwendungen eingesetzt. Es ist nicht ganz so „gleitfähig“ wie PTFE, hat aber dennoch einen niedrigen Reibungskoeffizienten und ist sehr verschleißfest. Es kommt häufig in Automobildichtungen, Verschleißringen und Lageroberflächen zum Einsatz. Und dank seines hohen Stärke-Gewichts-Verhältnisses und anderer physikalischer Eigenschaften ersetzt PEEK häufig Metalllegierungen in verschiedenen Flugzeugkomponenten (mit einer Dichte von 1,32 hat es nur 1/5 des Gewichts von Stahl (8) und ist weniger als halb so schwer wie die meisten Aluminiumlegierungen (3)). Wie PTFE ist auch PEEK ein ganz besonderes Material ...

 

Der Rest der hohen Temperaturen 

Das gilt auch für Polyphenylensulfid (PPS). Obwohl es in Bezug auf die thermischen Eigenschaften nicht mit PEEK und PTFE mithalten kann, bietet es dennoch eine respektable Arbeitstemperatur von 220 °C. Dieser thermoplastische Kunststoff, der Automobil- und Elektroingenieuren als Ryton® bekannt ist, bietet eine gute Kombination aus Korrosionsbeständigkeit, mechanischer Stärke und dielektrischen Eigenschaften. Außerdem fließt es beim Kunststoff-Spritzguss recht gut und weist eine minimale Schrumpfrate auf. Dadurch bietet es sich für den Einsatz in elektrischen Präzisionssteckern und ähnlichen Komponenten an.

PPS ist kein Kandidat für maschinell bearbeitete Teile, PPSU dagegen schon. Polyphenylsulfon (auch bekannt als Radel®) hat eine Arbeitstemperatur, die der von PPS recht nahe kommt, verfügt über ähnliche mechanische und elektrische Eigenschaften, kann sterilisiert werden und lässt sich gut bearbeiten. Es wird für Fenstereinfassungen in Flugzeugen, Griffe für chirurgische Instrumente und Heißwasserarmaturen verwendet. Da es (wie die anderen bisher genannten Polymere) FDA-konform ist, ist es für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln geeignet. 

Ähnlich verhält es sich mit Polyetherimid (PEI), auch bekannt als Ultem. PEI ist sowohl maschinell zu bearbeiten als auch für den Spritzguss geeignet und in verschiedenen Glasfüllgraden (GF) erhältlich. Mit einer maximalen Dauerbetriebstemperatur von 171 °C ist Ultem zwar nicht unbedingt für das Backen von Keksen geeignet, aber es ist ein ausgezeichnetes Universal-Polymer für Anwendungen, die Stärke, Steifigkeit, Lösungsmittel- und Flammenbeständigkeit sowie dielektrische Eigenschaften erfordern.

keramikähnliches (Advanced High-Temp) PerFORM Stereolithographie-Teil.
Ein 3D-gedrucktes keramikähnliches (Advanced High-Temp) PerFORM Stereolithographie-Teil.

Was ist mit hitzebeständigen 3D-Druckmaterialien?

Zu weiteren bemerkenswerten Hochtemperaturpolymeren zählt Vectra, eine Art spritzgussfähiges flüssigkristallines Polymer (LCP), das häufig in der SMT-Industrie (Oberflächenmontagetechnik) verwendet wird. Es besitzt hervorragende Fließeigenschaften, kann Teile mit sehr geringen Wandstärken herstellen und hat einen Arbeitsbereich von bis zu 240 °C. Weiterhin gibt es PC/PBT, eine Mischung aus Polycarbonat und Polybutylenterephthalat, die Temperaturen von bis zu 130 °C standhält – nicht annähernd so gut wie die bisher beschriebenen Gegenstücke, aber dennoch mit einem guten Gleichgewicht zwischen Zähigkeit und Witterungsbeständigkeit, vor allem, wenn niedrige Temperaturen Probleme bereiten (wie -40 °F, was auch -40 °C entspricht).

Sie denken jetzt vielleicht: „Aber was ist mit 3D-gedruckten Teilen? Welche Möglichkeiten gibt es hier für Hochtemperaturmaterialien?“ Sie haben Glück. Dazu gehört vor allem ein keramikähnliches, fortschrittliches Hochtemperatur-Stereolithographieharz (PerFORM), das nach einem optionalen Nachhärtungsprozess Temperaturen von bis zu 268 °C standhält. Dies gibt Designern die Möglichkeit, starke, steife Teile für Anwendungen wie Windkanaltests, Rapid Tooling, elektronische Gehäuse und mehr zu prototypisieren. Auch das PC-ähnliche Advanced High-Temp (Accura 5530) ist ein lichtdurchlässiges Material, das optische Klarheit mit guter Hitzebeständigkeit kombiniert. Und wie die Polycarbonate, die für maschinell bearbeitete und spritzgegossene Komponenten verwendet werden, widersteht Accura 5530 Wasser, Chemikalien, Feuer und elektrischen Einflüssen.

Überlegungen zur Herstellung

Da jedes der hier besprochenen technischen Polymere sowohl stark als auch stabil ist, müssen Sie sich wegen des Designs in Bezug auf die Machbarkeit wenig Sorgen machen. Einige sind abrasiver als andere und erfordern den Einsatz von Hartmetallbohrern und -fräsern, während jene mit sehr hohen Schmelztemperaturen einige Anpassungen des Kunststoffspritzgussverfahrens erfordern können. Da jedoch alle als Standardmaterialien von Protolabs aufgeführt sind, erhalten Sie während des Online-Angebotsverfahrens eine Rückmeldung.  

Wir empfehlen Ihnen, die umfangreiche Liste der Materialdatenblätter auf unserer Website zu lesen, um weitere Einzelheiten zu erfahren. Mit mehr als 140 Polymeren und 30 Arten von Elastomeren oder Flüssigsilikonen (LSR) – von denen einige ziemlich hohen Temperaturen standhalten können – ist sicher das perfekte Material für Ihr nächstes Projekt dabei. Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie uns eine Nachricht. Unsere Anwendungsingenieure stehen Ihnen jederzeit unter +49 (0) 89 90 5002 0 oder [email protected] zur Verfügung.

 

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